Traditionelle Chinesische Massage, Tuina, die Wiener Schule Tuina
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Traditionelle Chinesische Massage, Tuina, die Wiener Schule Tuina
Traditionelle Chinesische Massage, Tuina, die Wiener Schule Tuina nach Dr. Alexander Meng Die moderne westliche Physiotherapie ist in China nahezu unbekannt. Ihre Spezialisierung in der Rehabilitation von Querschnittsgelähmten, von Hemiparesen, nach herzchirurgischen, orthopädischen oder traumatologischen Eingriffen wird zwar von Fachkreisen in China hoch geschätzt und Begriffe wie Chirotherapie oder Osteopathie sind hier bereits bekannt. Aber Bobath, Kabat, Kibler, Kohlrausch, Teirich-Leube, Lymphdrainage nach Dr. Vodder u.a. sind gänzliche Fremdwörter. Bei uns hingegen ist die Physiotherapie der Traditionellen Chinesischen Medizin - TCM (Tuina, Anmo, Daoyin, Taijiquan, Qigong etc.) nur in elitären Kreisen bekannt und selbst dort oft mit beträchtlichen Vorurteilen behaftet. Nichtmedikamentöse und nichtinvasive Therapien der TCM (wie Tuinatherapie, Schröpfbehandlung, Moxibustion) sind Behandlungstechniken, welche die Intaktheit der Haut nicht verletzen. Die Tuinatherapie ist ähnlich der Akupunktur und zählt, wie diese, zu den Ordnungstherapien. Hydrotherapie/Thermotherapie, Bewegungstherapie, Ernährungstherapie, Phytotherapie und Ordnungstherapie werden als die 5 Säulen der Naturheilkunde postuliert. Die Wirkungsweise der Meridianpunkte wurde bisher neurophysiologisch über die segmentale Organisation des Rückenmarks (Headsche Zonen), biochemisch physikalisch (Neurotransmitter, so wie die vermehrte Ausschüttung von Endorphin, Enkephalin etc.), biophysikalisch (Photoemission), ganzheitlich (Grundsystem nach Pischinger), morphologisch-histologisch (spezifische Bindegewebsstruktur nach Pischinger, Kellner und Heine) etc. erklärt. Für das Funktionieren einer Tuina-Behandlung bedarf es eines intakten Nervensystems. Nur dann kann die „Gate control-Theorie“, die deszendierende Hemmung über Neurotransmitter bzw. Leitungsbahnen funktionieren. Die chinesische Massage wird nach zwei Grundgriffen (Tui = Schieben, Na = Greifen) "Tuina" bezeichnet. Im Medizinlehrbuch, Neijing, entstanden ca. 230 v. Chr., wird bereits beschrieben, dass die Massage neben der Akupunktur von Ärzten praktiziert wird. Beide Methoden zählen zu den äußeren Behandlungsformen (ähnlich der physikalischen Medizin = äußere Behandlung, medikamentöse Therapie = innere Behandlung). Die chinesische Medizin wurde sehr früh - im 4. Jh.- von Korea aus nach Japan vermittelt. Zahlreiche klassische Medizinfachbücher wurden in der Originalsprache gelesen. Beide Länder sind kulturell eng mit dem Chinesischen verbunden. Wenn heute in Korea oder Japan von ihrer Altmedizin gesprochen wird, so ist unschwer die chinesische Quelle zu erkennen. Obwohl die chinesische Massage schon so alt ist, wird sie in der westlichen Literatur kaum erwähnt. Nur bei Klassikern wie Hippokrates, Avicenna u.a. findet man Hinweise. Die Theorie, Indikation und Arbeitshypothese der Tuina und Akupunktur sind in der TCM identisch. Alle funktionellen und reversiblen Erkrankungen und Störungen können wir mit Tuina behandeln. Therapeuten, die Tuina anwenden, müssen natürlich die Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie und Theorie der TCM (Meridianlehre, Organlehre, Modalitäten, Grundgriffe, Reizdosierung, Behandlungsplanung etc.) beherrschen. Die hypothetische Wirkungsweise der Tuina aus der Sicht der TCM können wir neben der bekannten Formulierung der Wiederherstellung des Yin/Yang Gleichgewichtes noch in folgenden Punkten anders zusammenfassen: Fehlstellungsbeseitigung Die Tuina kann eine Funktionsstörung von Gelenken und Sehnen beeinflussen. Wir können hier auch vom Lösen der Funktionsstörungen sprechen - wie bei der Chirotherapie. Wiederherstellung der Autoregulation Durch die Anwendung der Tuina erreicht man eine Korrektur der anatomischen Fehlstellung jedweder Ursache im Skelett und in den Weichteilen, die eine Verminderung der Fähigkeit der Autoregulation des Systems (Schwächung des Vitalenergie-Qi) bedeutet. So eine Störung der Autoregulation bewirkt ein weiteres Fortschreiten der Erkrankung. Es ist z.B. bei der Behandlung einer Schultersteife erforderlich, die Schulter zu mobilisieren, die Kontrakturen zu lösen, aber auch die heftigen Schmerzen und die Verspannung der Muskulatur zu beeinflussen, welche die Bewegungseinschränkungen bedingen und den Patienten daran hindern, die Schulter zu bewegen. Somit ist es wichtig, durch die Tuina-Therapie auch die Autoregulation dieses Systems zu aktivieren, so dass die Reparation der Läsion rascher vorangeht und die Traumen, die bei der Schultermobilisation zwangsläufig entstehen, rascher heilen. Auffällig für den Patient sind die rasche Schmerzlinderung, dann die Verbesserung der Durchblutung und Reduktion der Muskelverspannung. Normalisierung von Organstörungen Durch die Tuina wird der körpereigene Informationsfluss (Qi -Fluss im Meridiansystem optimiert) korrigiert. Jede Störung in einem Organ bewirkt eine Änderung seiner bioelektrischen Eigenschaft und seiner Eigenschwingung (Qi). Solche Informationen der Eingeweide werden im Körper durch das Nervensystem (in TCM Meridiansystem), und das endokrine System koordiniert. Die durch die Massage von "Körperaußen" kommenden Impulse werden im Körper in biologische Impulse (Qi) umgewandelt und lösen im gestörten Organ eine Normalisierung aus. Hier für den Patient Auffällig die positiven Nebeneffekten der Tuina nämlich Verbesserung der psychovegetativen Parametern, wie Schlaf, Stimmungslage, Verdauung etc. Die TCM unterteilt die Indikationen für Tuina in zwei Gruppen: 1. Störungen im Bereich des Bewegungssystems 2. internistische und psychosomatische Störungen Störungen im Bereich des Bewegungssystems Nach jedem Trauma entstehen an den Weichteilen, der Muskulatur, den Sehnen, Sehnenansätzen, Bändern und Gelenkkapseln Schmerzimpulse, die auf nervalen Wegen weitergeleitet werden und eine reflektorische Muskelverspannung als Schutzmechanismus auftreten lassen, damit weniger Bewegung und dadurch weniger Dehnreize an den verletzten Weichteilen auftreten. Wenn dieser Schutzmechanismus aber zu lange aufrechterhalten bleibt, können Verwachsungen, Narbenbildungen, Mangeldurchblutungen, Muskelverspannungen und Gelenksdysfunktionen im Sinne eines Circulus vitiosus fortbestehen. Daher ist die Bekämpfung des Schmerzes der Muskelverspannung und der Gelenkblockierung in der Traumatologie besonders wichtig. Die chinesische Massage erreicht die Detonisierung auf folgenden Wegen: a) Steigerung der lokalen und allgemeinen Durchblutung b) Reflektorische, analgetische Wirkung, wie wir sie vom Akupunkturphänomen her kennen c) Postisometrische Relaxation d) Deblockieren von Gelenkstörungen durch Weichteiltechniken und passives Bewegen. Günstig beeinflussbare Krankheitsbilder sind: Schultergürtelbereich: Zervikalsyndrom Schulter-Arm-Syndrom Tennisarm Karpaltunnelsyndrom Beckengürtelbereich: Lumbago Lumboischialgie pseudoradikuläres Syndrom Koxarthrose Gonarthrose Distorsion des Sprunggelenks Hemiparese nach cerebralem Insult. Internistische und psychosomatische Störungen Die chinesische Massage ist besonders geeignet, vegetative und psychosomatische Störungen zu behandeln. Das Arbeitsmodell dafür liefern das Meridiansystem und die Physiologie von Yinwei Qixue "Vitalenergie und Blut" Beeinflussbare Krankheitsbilder sind: Magen-Darm-Dysfunktion, Durchfälle, Obstipation, postoperativer Ileus, Singultus, Gallenkolik, Asthma bronchiale, Cephalea, Schlafstörung, essentielle Hypertonie, Potenzstörung, Menstruationsstörung, Uterussenkung, Rhinitis vasomotorica. Grundausbildung Tuina Die Grundausbildung bestehen aus 4 Kursen am Wochenende persönlich von Dr. Alexander Meng. In jedem Kurs wird großer Wert auf praktische Arbeit gelegt. Nach Beendigung der Grundausbildung kann der Physiotherapeut dieses jahrtausend alte, ganzheitliche Heilverfahren in der Praxis anwenden. In den letzten Jahren nimmt die TCM – insbesondere die Akupunktur – jedoch stetig an Bedeutung zu. In Österreich fand 1986 die Akupunktur die teilweise Anerkennung durch den obersten Sanitätsrat. Schon seit 1972 bemüht sich der Autor um die Förderung der TCM – der Akupunktur und der chinesischen Massage (Tuina-Therapie) – im Rahmen des Ludwig Boltzmann Instituts für Akupunktur in Wien (seit 2006 Johannes Bischko Institut für Akupunktur). Im Kaiserin Elisabethspital (Huglgasse 1-3, 1150 Wien, ÖAT Frau Illek Ulrike Tel: 98104 5751) und in Physioaustria Wien (A-1060 Wien, Linke Wienzeile 8 / 28, Tel: 587 99 51-0) finden regelmäßige Fortbildungen statt. Die Tuina-Therapie ist für Ärzte und alle Therapeuten als eine komplementäre Therapie konzipiert. Wir wollen die TCM in die moderne Medizin integrieren. Prof. Dr. med. Alexander Meng, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, gründet 1976 den ersten Arbeitskreis für Tuina-Therapie(ÖAT) in Österreich. Die Theorie, Indikationen und Arbeitshypothesen sind in der TCM für Tuina und Akupunktur identisch. Alle funktionellen und reversiblen Erkrankungen und Störungen können wir mit Tuina oder Akupunktur gleichermaßen behandeln. Therapeuten, die Tuina anwenden, müssen natürlich die Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie und grundlegende Theorien der TCM (Meridianlehre, Organlehre, Modalitäten, Grundgriffe, Reizdosierung, Behandlungsplanung etc.) beherrschen. Kurs 1: Kopf-/Schulterarmregion, Meridian, TCM -Griffe Kurs 2: Beckengürtel, Meridian, Reizdosierung Kurs 3: Intensivpraktikum, 3-er Regel, Qigong, Energetische Punktelehre Kurs 4: Spezialseminar, mit variabelem Thema, Mit fakultativer Prüfung Viele Sonderkurse: Praktische Übung und Spezialthemen Kursdauer: 4 Wochenende bzw. 64 Unterrichtsstunden. Die Anmeldung verpflichtet zum Besuch aller vier Teile! Zeit: immer Samstag 9.00 – 18.00, Sonntag 9.00 – 17.00. Sonderkurse Samstag 9.00 - 18.00. Mehr Info unter www.tuina.eu Literatur • „Lehrbuch der Tuinatherapie, die traditionelle chinesische Massage“ von A. Meng, 5. erw. Aufl. 2006, K.F.Haug-Verlag, Heidelberg 2008, Verlag W. Maudrich, Wien • „Chinesische Heilkunst“ von A. Meng/ W. Exel, Kneipp-Verlag Österreich 2006 • "Meridiantafel" Meng, A. 2. überarbeitete Auflage, Verlag W. Maudrich, Wien. 2007 • " Angewandte Physiologie Komplementäre Therapien verstehen und integrieren", Bd.5 Meng, A. in Frans van den Berg Thieme, Stuttgart. 2005 • "Basishandbuch der Akupunktur -Schritt für Schritt zur Therapie", Meng A., Bijak M., Stockenhuber D. Maudrich, Wien 2010 • Meng, A. in „Physiolexikon, Physiotherapie von A-Z“ Thieme, 2010 Prof. Dr. med. Alexander Meng, Facharzt für Neurologie/Psychiatrie 1170 Wien Frauenfelderstr.8 www.meng.at [email protected] 08.11.2010